Kunstraum

Transformation einer Kirche: Kunstraum bietet Perspektiven für Nachnutzung

Der Kunstraum Heilig Geist am UNESCO-Welterbe Zollverein ist in der ehemaligen Heilig-Geist-Kirche beheimatet, einem herausragenden Bauwerk des Pritzker-Preisträgers Gottfried Böhm. Das Kirchengebäude befindet sich nur wenige Gehminuten vom UNESCO-Welterbe Zollverein, das jährlich Millionen Besucher:innen zählt. Die Umnutzung des skulpturalen Sakralbaus zu einem Ort für zeitgenössische Kunst setzt ein starkes Zeichen für den Wandel der Kirchenlandschaft in Deutschland. Die Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte“ von Baukultur NRW, die 2024 in der Heilig-Geist-Kirche stattfand, widmete sich bereits intensiv dem Thema der Kirchenumnutzung.

Während sich Kirchen vielerorts verändern oder schließen, zeigt der Kunstraum Heilig Geist am UNESCO-Welterbe Zollverein eine neue Möglichkeit auf: Statt sakraler Nutzung entsteht eine Plattform für Ausstellungen, Kreativprojekte, Veranstaltungen und Begegnungen. Der Kunstraum unterscheidet sich bewusst von einer klassischen kommerziellen Galerie – er wird als kuratiertes Ausstellungshaus betrieben, das den Dialog zwischen Architektur, Geschichte und Gegenwart fördert. 

Trabant-Skulptur von David Černý © Kunstraum Heilig Geist

Die „Trabant”-Skulptur von David Černý kann vor der Heilig-Geist-Kirche besichtigt werden. Černý ist ein tschechischer Bildhauer, bekannt für seine provokativen und oft humorvollen Kunstwerke, die gesellschaftliche und politische Themen aufgreifen. Eine seiner berühmtesten Arbeiten ist diese Skulptur, die er 1991 schuf.

Dieses Werk besteht aus einem Trabant, dem ikonischen Fahrzeug der ehemaligen DDR, der auf vier Beinen steht und wie ein Hund wirkt. Die Skulptur wurde zunächst in Berlin zur Feier des Mauerfalls ausgestellt und symbolisiert sowohl die Freiheit als auch die ironische Beziehung zum Osten. Černý nutzt die absurde Darstellung, um auf die Schwierigkeiten und Absurditäten der postkommunistischen Transformation hinzuweisen, und spielt gleichzeitig mit dem Bild des Trabants als Symbol der untergegangenen DDR-Kultur.

Austellung "How I Learned to Love the A" von Robert Janitz, Foto links und rechts © Natalia Taranta

Im Zentrum des Kunstraums am UNESCO-Welterbe Zollverein steht eine Skulptur mit symbolischem Gewicht: Sie besteht aus dem geweihten Altarstein der ehemaligen Kirche-Heilig-Geist. Einst Ort liturgischer Handlungen, ist der Stein nun Objekt zeitgenössischer Reflexion – Sinnbild für den Wandel vom sakralen zum säkularen Raum, vom Ort des Glaubens zum Ort der Interpretation.

Die Skulptur nimmt Bezug auf Goethes „Stein des guten Glücks“, ein frühes nichtfigürliches Monument aus Würfel und Kugel, die für Stabilität und Wandel stehen. Künstler Kris Martin griff diese Idee 2023 in seiner Ausstellung GOOD LUCK in der König Galerie in Berlin auf und kehrte die Ordnung um: Die Kugel trägt den Würfel – eine Umdeutung, die etablierte Bedeutungen in Frage stellt.

In ähnlicher Weise wird auch der Altarstein in Essen zum Träger einer neuen Bedeutung. Seine ursprüngliche Weihe bleibt als Erinnerung eingeschrieben, doch seine heutige Form ist säkular und konzeptuell: eine skulpturale Geste, die das Verhältnis von Materialität und Spiritualität neu verhandelt. Was früher als unverrückbare Konstante galt, wird nun zur Projektionsfläche – für das Ungewisse, das Fragile, das im Wandel Begriffene.

Kris Martin Skulptur © KÖNIG GALERIE

Ursprünglicher Altarstein der Heilig-Geist-Kirche, Photo Katholische Pfarrgemeinde Heilige Cosmas und Damien © Helmut Fleer